Die Willy-Brandt-Schule aus Mülheim a.d. Ruhr präsentierte uns am frühen Freitagabend in der Aula des Goethe-Gymnasiums ihre Eigenproduktion „Die Schneewittchenverschwörung“. Gut, wieder mal ein Märchen, das aufgedröselt wird, doch falsch! Die Schönheit und der Schönheitswahn stehen im Mittelpunkt des Stückes unter der Leitung von Hildegard Schröter.
Ja, Schneewittchen, das war und ist ein schönes Mädchen: eine Haut, so weiß wie Schnee, Lippen so rot wie Blut und Haare so schwarz wie Ebenholz. Genau das was sich ihre Mutter wünschte. Das Märchen ist soweit bekannt und deshalb führte die Gruppe auch nur kurz in die Szenerie ein. Schnell wurde die Stiefmutter zum Symbol für den Schönheitswahn. In einem Wechsel zwischen Elementen aus dem Märchen und aktuellen Schönheitsidealen verpackte die Gruppe die Thematik sehr schön. Besonders war auch, dass ein kleiner Laufsteg vor der Bühne stand, der auch als dieser verwendet wurde. Schnell hieß es dann „Ich habe heute leider kein Foto für dich“, dieser Satz ist der wohl bekannteste einer namenhaften Show im deutschen Fernsehen. Doch genau solche Shows schaffen ein Schönheitsideal, dem – leider – viele Mädchen und Frauen nacheifern: 90-60-90 oder noch besser Size-Zero, sonst ist man doch nicht schön und überhaupt kriegt man ohne diese Maße keinen Kerl ab. Solche und ähnliche Gedanken wurden auf der Bühne präsentiert.
Doch was genau ist eigentlich Schönheit? Sich die Haare kämmend sprachen die Schauspielerinnen aus, was man heutzutage als Schönheit definiert: eine Ausstrahlung wie Nicki Minaj, einen Hintern wie Kim Kardashian, ein großer Busen, schlank oder doch etwas auf der Hüfte, ein Tattoo, eine Nasen OP. Auch von einer Narbe wurde gesprochen, wegen der man sich nicht im Bikini zeigen will. Jap, bei einigen der genannten Dinge runzelt man unweigerlich die Stirn, so ging es uns auch. Doch was die Mädchen da sagten, das entsprach dem wie die Gesellschaft heute über Schönheit denkt, oder es zumindest die Medien tun. „Schön sein heißt schlank sein“ titelte die Zeit Online einmal. Besonders das „Erfolgsformat“ Germanys next Topmodel bekam dort sein sinnbildliches Fett weg. Wenig essen, früh aufstehen, stundenlanges Training, anders wird man nicht schön. Oder!? Wird man anders nicht schön oder eben genau so einfach nur krank?
Besonders einprägsam die Begriffe, die vorwurfsvoll ins Publikum geschmettert wurden. Begriffe, die ausdrücken was Menschen denken, wenn sie jemanden sehen, der besonders schlank oder besonders dick ist. Schlank sein bedeutet: Disziplin, Kontrolle, Leiden. Dick sein dagegen bedeutet: Faulheit und Trägheit. Schubladendenken vom Feinsten, aber nicht etwa von der Gruppe, sondern vielmehr ein Vorwurf an alle, die genau so denken. Es gab auch noch weitere Eindrücke, die in Mikrophone gesprochen wurden, leider konnten wir dies nicht verstehen, da die Spielerinnen zu weit entfernt vom Mikrophon standen, sehr schade, denn uns hätten auch solche Parts interessiert.
Zum Ende hin wurde in Teilen wieder das Märchen aufgegriffen, die sieben Zwerge waren kurz zu sehen und auch die Apfelszene wurde präsentiert. Nur eine Person biss nicht in den Apfel, dieser mache doch schließlich dick. Bei Menschen, die dem Schönheitsideal und dem Schönheitswahn nacheifern ist das sicherlich der gesellschaftliche – und damit vom Märchen übertragene – Tod, nur, dass an dieser Stelle kein Prinz kommt, der einen retten kann – außer vielleicht der Onkel Schönheitsdoktor mit der Fettabsaugemaschine. Zum Abschluss gab es aber doch noch eine Hochzeit und einen Märchenprinz. Was zunächst aussah wie eine Improvisation war dann doch leider nur ein vorher eingeweihter junger Mann aus dem Publikum. Schade, denn eine Improvisation hätte sicher noch etwas Raum für mehr Unterhaltung gelassen.
Doch nicht unerwähnt bleiben darf auch der Tanz der Stiefmutter in glühenden Eisenschuhen, bis diese Tod umfällt. Als die Stiefmutter tot und mit einem weißen Tuch bedeckt auf dem Boden liegt, geben die Spielerinnen auch ihre Kosmetikutensilien ab, sie begraben ihre Kosmetika und den Schönheitswahn mit der Stiefmutter, die eben diesem Wahn nach Schönheit verfallen war.
Nach knapp 40 Minuten war das Stück zu Ende, etwas zu kurz für unseren Geschmack, doch im Nachgespielt wurde uns berichtet, dass die Gruppe in dieser Zusammensetzung erst nach Ostern angefangen hat zu proben. Da war jedoch schon klar, dass man zu den Maulhelden fährt und das Stück war auch fertig, doch da einige Spieler wegbrachen musste man schnell eine Lösung finden. Und da müssen wir zugeben: ein solches Stück in so kurzer Zeit auf die Bühne zu bringen, davor ziehen wir den Hut! Jeder der selbst Theater macht und auch Szenen selbst entwickelt weiß, wie lange es schon braucht um alleine zehn Minuten selbst zu schreiben.
Was nehmen wir mit aus diesem Stück? Vor allem, dass Schönheit nicht alles ist, zumindest äußere Schönheit. Und es ist lobenswert sich mit Jugendlichen Mädchen (die Gruppe bestand komplett aus Mädchen) mit dem Thema auseinanderzusetzen und deutlich zu machen, dass diverse Modezeitschriften und Fernsehsendungen nicht vorgeben sollten was schön ist, sondern jeder für sich selbst festlegen sollte was er oder sie schön findet oder nicht.