Ein „Wir-Moment“ mit Queen Elisabeth, Shakespeare und Hoop aus Holland: The Queen’s Men

Beitragsbild: Thomas Rabsch

Pest. Wein. Dreck. Trunkenheit. Konkurrenz. Musik. Spiel. Humor. Und keiner schreibt mit. So. Oder so ähnlich muss es abgelaufen sein. Damals. Zur Zeit des großen Barden William Shakespeare. Mittlerweile seit 400 Jahren tot, ist er eine der berühmtesten Lichtgestalten am Firmament des Theaters und besonders der englischsprachigen Literatur. All diese Worte erfinden das Gerede über Shakespeare nicht neu. Es könnte uns zum Halse heraushängen: Er war ein Genie. Es hat ihn nie gegeben. Christopher Marlowe hat seine Stücke geschrieben. Queen Elizabeth I. herself war es. Oder ein unbekannter Adeliger. Und ja auch das: Er könnte schwul gewesen sein. Hätten wir das Shakespeare-To-Go-Wissen sogleich am Anfang abgearbeitet. Für Quizduell wären wir nun gewappnet.

Was wäre aber, wenn man all diese Mythen über Shakespeare nimmt, eine Prise historischer Fakten ergänzt und all das abrundet mit Zitaten aus seinen bekanntesten Werken und daraus eine mitreißend erzählte Komödie macht, die das Publikum knapp drei Stunden freiwillig auf ungemütlichen Holzbänken verfolgt? Dann sind wir wahrscheinlich im Theaterzelt des Düsseldorfer Schauspielhauses und schauen The Queen’s Men, eine Shakespeare-Komödie von Peter Jordan.

The Queen’s Men
Moritz Führmann, Bastian Ruppert, Steffen Lehmitz, Marcus Schinkel, Kilian Land, Sven Gey, Jonas Hackmann, Jan Maak, Orlando Lenzen Foto: Thomas Rabsch

Im von Elisabeth I. regierten England versucht eine Theatergruppe um ihren Leiter Shaunessy Williams, sich auf irgendeine Weise vorm drohenden Ruin zu retten. Nicht nur droht durch die Pest die Schließung ihres Theaters, auch die Konkurrenten vom Cube Theatre machen Druck, haben sie doch neben der Truppe von Williams den Auftrag zur Fertigung eines Stückes mit drei Hexen bekommen. Als dann noch die Königin Elisabeth I. höchstselbst entschließt, herausfinden zu wollen, warum ihr Volk sie hasst und ständig Anschläge auf sie verübt werden, kommt zu all diesem Unmut noch Chaos dazu. Die Königin, soeben auch vom Papst exkommuniziert, schließt sich inkognito Williams‘ Theatergruppe an, Williams verliebt sich in die Unbekannte und, noch bevor alle merken, dass es sich bei ihrer sehr gelungenen Elisabeth-Persiflage in Wahrheit um die echte Monarchin handelt, wird diese vom bösen Lord Tilney in ihren eigenen Kerker geworfen und soll an den spanischen Kronprinzen Philipp weiterverheiratet werden. Praktisch, wenn es da eine zu allem entschlossene Gruppe an Schauspielern gibt, die gut und gerne auch einmal spanische Brautwerber spielen, wenn es darum geht, eine Jungfrau in Nöten zu retten.

Die Handlung des Stückes ist so einfach wie mitreißend. Sogleich am Anfang mag man schon erahnen, in welche Richtung sich alles entwickelt. Doch stellt The Queen’s Men auch gar keinen großen Anspruch an die Handlung, sie dient nur als simples Gerüst, quasi als Abschussrampe für das bunteste Shakespeare-Feuerwerk seit Sonnet 130.

Die Bühne, auf der The Queen’s Men gespielt wird, ist nicht nur im übertragenen, sondern auch wortwörtlich für das Stück gemacht. Wegen Renovierungsarbeiten bedient sich das Düsseldorfer Schauspielhaus momentan eines Outsourcings verschiedener Stücke in ein Zirkuszelt, das es an den Rheinterrassen errichtet hat. Den Begriff „Zirkuszelt“ nutzen wir nur, damit sich der Leser den architektonischen Grundgedanken des Spielorts vorstellen kann. Das Theaterzelt ist bei weitem ein qualitativ hochwertiger Spielort, der seinen ganz eigenen Zauber mit sich bringt. Da ist es umso passender, dass man eine Bühne errichten kann, die der wahren Globe-Theatre-Bühne, zwar drastisch verkleinert, aber dennoch in nichts nachsteht. Es gibt die klassischen Säulen, in der Mitte ein erhöhtes Podest, das auch mit zwei Falltüren ausgestattet ist, hinten zentral einen Vorhang für Auf- und Abgänge sowie weitere Vorhänge für die gleichen Zwecke auf der rechten und linken Seite. Sogar eine weitere Ebene gibt es, hinten verläuft über der gesamten Rückwand ein Balkon. Das Publikum sitzt im Halbrund um diese Bühne. Die Zeltwände sind dünn, man hört die Stadt, das Rauschen der Straße, das Heulen der Sirenen. Und das stört nicht. Man könnte hingehen und sagen, im Globe Theatre war es nicht anders, das Dach war offen, auch hier war die Abgeschiedenheit von der Welt nie ganz gegeben. Und dennoch schafft es die Inszenierung, uns gedanklich aus dem Lärm der Landeshauptstadt herauszukatapultieren. Nicht ganz authentisch das 16. Jahrhundert imitierend, aber heutzutage unabdingbar: Eine Traverse mit einer Vielzahl an Scheinwerfern, die teilweise auch über den Balkonen angebracht werden können. Ansonsten ist die Bühne leer, alles, was an Requisit oder Kulisse benötigt wird, ganz im Sinne des alten Will, bringen die Schauspieler mit.

The Queen’s Men
Yascha Finn Nolting, Serkan Kaya, Moritz Führmann, Kilian Land, Sven Gey Foto: Thomas Rabsch

Das Stück geht los. Die Spieler der Theatergruppe stürmen auf die Bühne, jeder nimmt seine Haltung ein, schon alleine der erste Auftritt überschüttet uns mit Charakterstudien, die wir auf die Schnelle so alle gar nicht wahrnehmen können. Da ist der auf Perfektion versessene Thomas Pope (Kilian Land), der verwirrte Alte, Sir John Heminges (Wolfgang Reinbacher), der Draufgänger und Lebemann Will Kempe (Serkan Kaya), der blonde Schönling George Bryan (Sven Gey), den sich etwas zu sehr in die Frauenrollen hereinsteigernden Augustine Philipps (Steffen Lehmitz), den Stotterer David (Jonas Hackmann) und der mehr im Hintergrund erscheinende, praktikantenhaft daseiende (das hat einen Grund, wir spoilern nicht!) William (Orlando Lenzen) und natürlich der Chef der Truppe selber Shaunessy Williams (Moritz Führmann). Später kommen noch hinzu die beiden Clowns Federico (Jan Maak) und Hoop (Yascha Finn Nolting). Untermalt wird die Inszenierung musikalisch von Bastian Ruppert, beziehungsweise Matthias Fleige am der Gitarre, dem Bass und der Posaune und Marcus Schinkel, beziehungsweise Roland Miosga am Keyboard. Die Musiker bindet man kurzerhand und klug als Commander Derek und Commander Steve in das Spiel ein.

Neben einem mehr als gelungenen Potpourri der Shakespeare-Zitate, die sich von Hamlet, über Macbeth, King Lear, den Kaufmann von Venedig, Romeo und Julia, Richard III. und viele mehr ziehen, glänzt hier jeder einzelne Beteiligte durch sein (physisches) Auftreten. Natürlich genossen wir es als Shakespeare-Liebhaber, wenn es (wiederholt!) hieß „Sein der nicht sein“ (einmal sogar auf Niederländisch [Te zijn of niet te zijn, dat is de kwestie]) oder „Es war die Nachtigall, und nicht die Lerche“ oder „Blast, Wind‘, und sprengt die Backen!“, doch bemerkten wir auch, dass es sich hierbei immer nur um liebevolle Hommagen handelt, an denen sich die verschiedenen Plots entlanghangeln. Wirkliche Freude bereitete uns die Energie, die das gesamte Ensemble mit auf die Bühne bringt. Nicht nur das Schauspielerkollektiv um Shaunessy Williams, in dem jeder seine eigene Inspiration und Idee einer Figur umsetzen will, sondern gerade das komödiantische Spiel eines jeden Schauspielers. Besonders großen Wert legt die Inszenierung neben sprachlichem Witz auf physisches Spiel und Komödiantik. So avancieren schnell die Clowns Frederico aus Italien und Hoop aus Holland zu Publikums Lieblingen. Ganz in Shakespeare’scher Tradition dürfen diese nicht fehlen. Wie schon Karl Friedrich Flögel in 1914 in seiner Geschichte des Grotesk-Komischen schreibt: „Ohne [den Clown] kein Theaterabend. Verbot das aufgeführte Trauerspiel die Entfaltung seiner Gaben, seine Improvisationen, seine Kolbenschläge, seine Luftsprünge, dann hatte er die Pflicht, die Vorstellung durch eine Solonummer zu beenden“ (162). Die Relevanz des Clowns, der Komik in Shakespeares Stücken ist nicht zu ignorieren. Und so funktioniert das Kollektiv aus dem sehr von sich und seinem Talent überzeugten Frederico und dem naiven, dümmlichen Hoop wie das alte Zusammenspiel des Weiß- und des Rotclowns. Herrliche Momente ziehen sich durch das Stück, wenn Hoop durchgehend mit einem eigentlich von Frederico beiläufig gemachten Kommentar beschäftigt ist, er stünde neben sich, denn dort, das überprüft Hoop sehr oft, steht ja niemand. Trotz seiner Naivität ist Hoop der einzige, der sofort versteht, dass der neue Clown in der Truppe in Wahrheit die echte Königin Elisabeth ist, was sich als Running Gag durch die Vorstellung zieht.

The Queen’s Men
Yascha Finn Nolting, Jan Maak, Hanna Werth Foto: Thomas Rabsch

Wenn die Mitglieder der Theatergruppe, die auf die Bühne gestellt wird mit der Aufgabe, ein neues Stück zu produzieren, alle unterschiedlicher Meinung sind, kommt es früher oder später natürlich auch zu Diskussionen über das Theater und das Wesen der Kunst selbst. Diese Plattform nutzt Peter Jordan, um noch einmal deutlich zu untermalen, wie wichtig das Theater zum einen im elisabethanischen Zeitalter war und zum anderen noch immer ist. Da ist die Rede von einer moralischen Anstalt und dem Theater als Spiegel der Gesellschaft. Theater ist Behauptung und die Kunst muss alles dürfen, was das Leben nicht darf, denn wenn die Kunst nur das macht, was alle wollen, dann schafft sie sich irgendwann ab. Diese Statements, so selbstverständlich sie klingen mögen, werden in der Vorstellung mit Szenenapplaus belohnt und verursachen so, von Shaunessy Williams in starkem Pathos vorgetragen, schon ein wenig Gänsehaut. Konkreter werden die Diskussionen dann über das zu spielende Stück. „Hamlet zaudert“ heißt es und stürzt alle Spieler in eine tiefe künstlerische Krise. Nicht nur bereitet der uns nur zu bekannte Monolog über das Sein und das Nichtsein den Schauspielern ernsthafte, tiefenphilosophische Probleme, denn es könnte ja genauso auch um das Sein und das Gewesensein gehen, sondern ist auch die Darstellungsart des Stückes einen Streit wert. So erfindet man kurzerhand die Idee des gesungenen Theaterstücks und schlägt vor, „Hamlet – Das Musical“ zu inszenieren, schmettert diesen Vorschlag doch auch schnell wieder ab, nicht ganz unbewusst mit einem kleinen Hieb gegen die Musicalszene, denn, so wird festgehalten: „Mit Musik geht alles, aber dann wären wir nicht besser, als ein Abend im Wirtshaus.“ Generell bemerken wir neben der eher märchenhaften Geschichte immer wieder nette Bezüge zur lokalkolorierten Theaterwelt. So wird vorgeschlagen, dass man sich ja auch ein Theater kaufen, mieten, renovieren kann und bezieht sich hiermit nicht ganz ohne Selbstironie auf die aktuelle Baustellensituation im eigenen Haus.

Neben den tollen Dialogen, die einmal mehr und einmal weniger Tiefgang haben, gibt es in The Queen’s Men in erster Linie viel zu gucken und besonders viel zu hören. Perkussionist und Komponist Klaus Marges ist verantwortlich für die immer wieder gut in die Handlung eingeflochtenen Gesangspassagen, die durch eine mehr als passende Instrumentenwahl die Stimmung des Stückes jederzeit kommentierend unterstützte. Besonders genossen wir die Klänge des Dudelsacks, den Sven Gey mit Perfektion zu spielen weiß. Einen persönlichen Herzsprung gibt es für uns beim ersten Auftritt von Königin Elisabeth (Anya Fischer), majestätisch in die Mitte der Bühne schreitend, begleitet von zwei Wachen und der auf dem Dudelsack gespielten, nicht enden wollenden Titelmelodie von Star Wars. Historisch nicht ganz akkurat und entzieht sich uns hier der Bezug, sodass wir diesen Kniff lediglich als wirklich gelungenen Humor abspeichern. Auch Serkan Kaya, den begeisterte Musicalfans aus Erfolgsproduktionen wie Elisabeth, Jesus Christ Superstar oder Hinterm Horizont kennen, macht schauspielerisch wie gesanglich eine sehr gute Figur. Da verzeihen wir ihm auch seinen „Wir-Moment“, den er mit uns als Publikum kreiert, indem er den drei verschiedenen Sitzblöcken im Auditorium jeweils einen anderen nachzusingenden Ton vorgibt und erst am Ende auflöst, dass wir gemeinsam die Töne A, F und D gesungen haben und das kommentiert, dass das halt so läuft auf der dunklen Seite der Macht. Für die ganzen Star Wars-Bezüge gibt es von uns definitiv einen großen Haufen Pluspunkte!

The Queen’s Men
Jan Maak, Steffen Lehmitz, Moritz Führmann Foto: Thomas Rabsch

Fischer, die als einzige Frau im Schauspielkollektiv auf der Bühne steht, lässt sich vom ganzen Testosteron nicht unterkriegen. Sie mimt eine starke Frau, eine Königin Elisabeth I., die es satt ist, von unten herab betrachtet zu werden. Das Leben am Hof stört sie, das wird schon deutlich, wenn das pompöse Kleid nicht in den Thron passt und von ihr immer wieder heruntergedrückt werden muss. Auch im später von ihr selbst gewählten Käfig voller Helden behauptet sie sich und begeistert uns spielerisch wie gesanglich, auch, wenn nicht immer jeder Ton sitzt. Doch wer sind wir schon, dies behaupten zu dürfen, klingt unser Gesang doch wie ein ungeöltes, schweres Eisentor, wir moppern hier wieder auf allerhöchstem Niveau.

Ebenfalls begeistert haben uns die Kampfchoreographien, die, wie sollte es anders sein, vom Altmeister Klaus Figge inszeniert wurden. In einem Porträt der ZEIT „Grandseigneur des deutschen  Bühnenkampfs“ genannt, ist der mittlerweile über 70 Jahre alte Kampfchoreograph anscheinend noch immer fit wie der junge Morgen, hat er doch mit dem Ensemble von The Queen’s Men außergewöhnliche Fechtchoreographien erarbeitet, die auf der alle gleichzeitig agierende Spieler tragenden Bühne doch sehr kuschelig wirken. Dennoch weiß jeder Spieler genau, was er tut. Und spätestens im finalen Kampf gegen die Männer von Lord Tilney – musikalisch mitreißend begleitet von dem Fluch der Karibik-Theme – kommt jeder Freund des mitreißenden Bühnenkampfes auf seine Kosten. Was wir uns nicht nehmen lassen wollen ist ein Hinweis, der sicherlich niemanden interessiert: Wir sind große Klaus Figge Fans, hatten selber einmal die Ehre, einen Workshop zum Bühnenkampf bei ihm mitzuerleben und haben dort wirklich viele Elemente gelernt, die wir heute in unseren Theaterproduktionen immer noch gerne einsetzen!

In erster Linie bietet The Queen’s Men viel zu lachen. Der Untertitel „Eine Shakespeare-Komödie“ ist in beiderlei Betrachtung des Begriffes Komödie berechtigt. Bei den lustigsten Witzen wissen wir manchmal gar nicht, ob das so wirklich vom Macher beabsichtigt war, schwebten diese doch in einer Grauzone von möglichem Spielfehler auf der Bühne und einer mehr als genial gelungene Rettung. Herausragend fällt hier die Rolle des Queen-Beraters Burghley auf, ebenfalls gespielt von Kilian Land. Land verkörpert diesen stocksteif, sowohl in Gestus als auch in Sprache, lässt ihn überlegen und gebildet klingen, reibt sich dabei die Hände, im schweren Gewand, die goldene Kette umhängen, den eleganten Beraterhut auf dem Kopf und geht während eines langen Monologs ab, redet hinter der Bühne weiter, kommt wieder auf und kommentiert dies in eben der gleichen Nüchternheit mit: „Jetzt wäre ich fast abgegangen“ und monologisiert staubtrocken weiter. In einem späteren Moment tritt Land ebenfalls als Burghley auf, spielte vorher aber eine andere Rolle, hinter der Bühne war aber keine Zeit für einen Kostümwechsel. Das schwere Gewand in der Hand tragend kommt Land auf die Bühne, wirft sich den Stoff einfach als gigantischen Schal um den Hals, steht aber trotzdem in der würdevollen Haltung des Queen-Beraters auf der Bühne. Auch sein Hut will nicht so richtig halten, er rutscht immer wieder herunter. Die eigentliche Szene, einen Dialog zwischen Elisabeth und Shaunessy Williams, bekommen wir gar nicht mit. Das ganze Publikum verfällt in nicht enden wollende Lachschwalle, alle sind begeistert von Land, der in seinem übergeschmissenen Gewand-Schal immer noch die übertriebene Seriosität seiner Rolle beibehält und damit den komödiantischen Ertrag noch steigert. Bei Elisabeth und Williams ging es übrigens – soweit wir das mitbekommen haben – irgendwie um Liebe. Auch für eine in einer anderen Szene fast schon spontan eingerbacht wirkende Kinski-Parodie Lands wollen wir unsere Begeisterung aussprechen. Endlich sehen wir mal jemand anderen als Max Giermann die Zunge über die untere Zahnreie stülpend übertrieben das Temperament verlieren.

The Queen’s Men
Jonas Hackmann, Kilian Land, Wolfgang Reinbacher, Moritz Führmann Foto: Thomas Rabsch

Die Inszenierung beherrscht das Spiel mit Klischees. In jedem anderen Stück hätten wir die Augen verdreht und vermutlich empfohlen, dass weniger mehr ist. Nicht aber in The Queen’s Men. Auf die Spitze getrieben wird dies, wenn die Theatergruppe am Ende des Stückes die Spanier verkörpern. In ihren schwarzen Kostümen, mit den weiten weißen Krägen, den schwarzen Spitz- und Schnurrbärten sehen allesamt aus wie eine Karikatur von Don Carlos. Hinzu kommt noch Gitarrenmusik, Flamencotanz, hier ein „Olé“ und da ein „Gracias“. Das Ensemble spielt bewusst Schauspieler, die sich sicherlich nur marginal mit der Darstellung der spanischen Hofkultur beschäftigt haben und daher sehr unbeholfen wirken, was die Komik dieser Szene noch mehr unterstreicht. Ein definitiv sehr unterhaltsames Finale!

Abschließend kann man sagen, dass es sich bei The Queen’s Men um einen lohnenswerten Theaterabend handelt. Die Geschichte ist einfach zu verstehen und die Shakespeare-Referenzen sind ein Fest für jeden Literaturfreund. Und dennoch kommen auch alle, die mit dem alten Barden eigentlich nichts am Hut haben, auf ihre Kosten. Die Schauspieler geben alle 110% und machen das Stück durch ihr professionelles Spiel liebenswert. Dass es sich bei ihnen teilweise um noch nicht fertig studierte Schauspieler oder gar um einen Laien handelt, bemerken wir in keiner Sekunde. Hin und wieder kommt der Gedanke auf, ob die Inszenierung nicht einfach nur eine Karikatur des elisabethanischen Zeitalters und der Shakespeare-Umwelt ist, aber der Begriff Karikatur klingt aus unserer Sicht zu abwertend. Eher wollen wir das Stück, zugegebenermaßen etwas holprig, einen liebevoll überzogenen Shakespeare-Cartoon nennen, der die gesamte Spieldauer über nicht langweilig wird, uns häufig zum Lachen bringt, dabei aber nie peinlich und immer authentisch wirkt und auch seine seriösen Momente hat, die das Publikum sofort annimmt, indem es von der Gaudi-Stimmung der lustigen Szenen sofort in nachdenkliche Stille verfällt, wenn es ernst wird.

The Queen’s Men
Jan Maak, Serkan Kaya, Yascha Finn Nolting, Kilian Land Foto: Thomas Rabsch

Leider wird The Queen’s Men nur noch einmal am 19.11. im wirklich herrlichen Theaterzelt gespielt, diese Vorstellung ist bereits ausverkauft. Danach zieht das Stück um und kann noch bis Juli 2018 auf der Großen Bühne des Central angesehen werden. Weitere Infos gibt es auf der Seite des Theaters. Wir empfehlen dringend einen Besuch.

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