Titelfoto: Pablo Hassmann (Szenenbild aus: „Kaffee mit Zucker?“ der Gruppe Laia RiCa)
Text: Werner Alderath (werner.alderath@theaterwg.de)
Kürzlich war die Pressekonferenz zum FIDENA-Festival 2022, das vom 07. bis 18. Mai stattfinden soll. FIDENA steht für Figurentheater der Nationen und ist ein Theater in Bochum. Im Fokus des Theaters stehen schwerpunktmäßig das Figuren- und Puppenspiel, das Spiel mit Masken oder das Material- und Objekttheater. Dabei bietet das Theater nicht nur selbst die Möglichkeit, zum Beispiel im Rahmen des FIDENA-Festivals, sich Aufführungen anzusehen, sondern es gibt auch einen Blog, in welchem deutschlandweit Stücke besprochen werden, die sich mit dem Figurentheater beschäftigen. Bereits 1958 fand das erste FIDENA-Festival statt, nun 2022, nach erzwungener Corona-Pause, soll es endlich wieder heißen: Vorhang auf und Bühne frei! Was es zu sehen geben wird, haben wir uns bei der Pressekonferenz angesehen.
Mal wieder sitzen wir vor dem heimischen Computer und schauen in eine Zoom-Sitzung, doch irgendwie ist es dieses Mal anders. Man schaut in freudestrahlende Gesichter: „Wir werden eine Parade machen, wir werden feiern.“, erklärt Annette Dabs, Leiterin des Deutschen Forums für Figurentheater und Puppenspielkunst und damit auch die Leiterin der FIDENA. Das letzte Festival fand im Jubiläumsjahr 2018 statt, 2020 musste das Festival coronabedingt ersatzlos entfallen, nun endlich soll es wieder stattfinden. Die Befragung der Welt lautet das zentrale Thema der FIDENA 2022, dafür gebe es kein besseres Medium als das Figurentheater, findet Dabs. Gerade in einer Zeit, in der erst eine globale Pandemie, aufkommende Proteste von Querdenkern, Populisten wie Donald Trump oder auch der brutale Angriffskrieg in der Ukraine die täglichen Schlagzeilen beherrschen sei es notwendig ein solches Thema umzusetzen.

Das Programm der FIDENA ist sehr breit aufgestellt: Eröffnet wird das Festival mit einer der bekanntesten Figuren aus dem Figurentheter: Pinocchio. Die französische Gruppe La Compagnie S’Appelle Reviens eröffnet das Festival mit Pinoccio (Live) #2 am 07. Mai um 18 Uhr im Schauspielhaus Bochum. Mit Ronnie Burkett aus Kanada ist auch einer der berühmtesten Marionettenspieler der Welt dabei. Forget me not heißt die dystopische Aufführung, bei der sich das Publikum mit ihm durch den Raum bewegt. Das Schreiben wurde verboten, doch SHE ist die Hüterin der verlorenen Hand und erlaubt es illegal weiter Liebesbriefe zu schreiben. Eine spannende Reise für das Publikum in eine Welt in der das (hand)geschriebene Wort wieder zu etwas Besonderem wird. Zu sehen ist Forget me not vom 07. Bis 10. Mai in der Turbinenhalle der Jahrhunderthalle Bochum. Wer sich eher für Objekt- und Materialtheater interessiert ist bei der Belgiererin Miet Warlop und ihrer Inszenierung After all Springville, die am Samstag, den 14. Mai um 18 Uhr gezeigt wird, richtig. Von einem unglücklichen Pappkarton über einen verliebten Stromkasten wird es einige Protagonisten geben, die gerne eine Gesellschaft wären, aber einfach nicht miteinander kompatibel sind. Konflikte, aber auch spannende Interaktionen sind hier vorprogrammiert. Auch das berühmte Berliner Ensemble Familie Flöz ist bei der diesjährigen FIDENA dabei. Wer eine der beiden Aufführungen von Infinita am 11. oder 12. Mai besuchen möchte, sollte sich beeilen, denn erfahrungsgemäß sind die Tickets für dieses Ensemble schnell vergriffen. Wer sich als Zuschauer:in nicht scheut selbst in das Spielgeschehen einzugreifen, der oder die ist bei Shell Game – Lost in Paranoialand des bochumer Kunstkollektivs Anna Kpok richtig. Es ist eine Game-Performance für jeweils 30 Zuschauer:innen, in der man auf lebende Objekte trifft und die das Vertrauen und Misstrauen in den Fokus rückt. Ziel ist es, dass das Publikum gemeinschaftlich kooperiert, um die Inszenierung voran zu bringen. Dabei müssen die Zuschauer:innen selbst entscheiden ob sie dem vertrauen, was die Darsteller:innen ihnen präsentieren. Einen ganz besonderen Programmpunkt für die Allerkleinsten (und natürlich ihre Eltern) bietet die belgische Gruppe Theater De Spiegel mit ihrer Inszenierung Curiosa. Diese wird für ein- bis dreijährige Kinder empfohlen. „Wenn man erleben will, dass Theater mit den allerkleinsten Kindern funktioniert, dann ist das der Beweis dafür.“, so Annette Dabs. Wer beim klassischen Figurenspiel an das Kasperletheater denkt, wird auch auf seine Kosten kommen, denn in Croc Fiction – Jerk of all Trades vom Pangalaktischen Theater, in Kooperation mit Impulskontrolle, steckt Kasper in einer Krise, wie kann er heute noch das Publikum erreichen? Sein Kumpel Croco hat eine Idee und findet, dass Kasper digitaler werden muss. Wer sich dies nicht entgehen lassen möchte, sollte sich Tickets für die Uraufführung am Sonntag, den 15. Mai um 20 Uhr im Prinz Regent Theater Bochum sichern.

Das gesamte Programm der FIDENA 2022 vorzustellen würde noch viele Seiten füllen, deshalb empfehlen wir umso mehr den Blick in das Programm des Festivals, um sich einen Überblick über die zahlreichen Inszenierungen zu verschaffen. Neben den vielen Inszenierungen gibt es auch die Möglichkeit für Teilnahmen an Workshops, das gemeinsame Feiern oder den kollektiven Austausch. Außerdem fördert die FIDENA auch aufstrebende, internationale Talente und zeichnet sich dadurch aus, neben den sehr bekannten Namen auch neueren Gruppen eine Bühne zu bieten, damit auch die Zukunft des Figurenspiels gesichert ist. Anmeldungen zu den Workshops und Aufführungen sind ab sofort über die Website des Festivals möglich. Dort kann man sich zusätzlich über das ausführliche Rahmenprogramm des Festivals informieren, wie beispielsweise den afghanischen Abend am 12. Mai mit dem Puppenspieler und afghanischen Charlie Chaplin Karim Asir.
Abschließend lädt Annette Dabs dazu ein, dass jede:r aktiv am Festival teilnehmen kann. Bei der eingangs erwähnten Parade können auch Besucher:innen mitmachen, egal ob mit Masken, eigenen Puppen, einer Barbiepuppe oder einem Kuscheltier, alle und alles ist willkommen und man möchte gemeinsam das Festival und das Figurentheater, die Möglichkeit wieder zusammenzukommen, Theater zu machen und zu erleben, aber auch das breite Programm des Festivals feiern. Auch mit ukrainischen Künstler:innen befindet man sich im Austausch und man wird versuchen sie im Rahmen des Festivals einbinden zu können. Geflüchteten Familien soll es ermöglicht werden Tickets zu erwerben. Die Befragung der Welt, das Motto könnte kaum passender sein, gerade in komplizierten Zeiten ist es wichtig im Austausch zu bleiben.

Wer sich noch unsicher ist, dem oder der empfehlen wir den unten beigefügten Trailer zum Festival, der bereits spannende Einblicke in die Inszenierungen gibt und zeigt wie facettenreich das Festival sein wird. In den kommenden Tagen und Wochen wird es auch zunehmend aktuelle Inhalte zum Festival über den Instagramkanal des Festivals geben.
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